Seit vielen Jahren finden in der Mittelschule Seitenstetten Zeitzeugenprojekte statt. Die Ge-schichte von Hermine Liska, die als anerkannte Zeitzeugin der ersten Generation 26 Jahre in Hunderten Schulen unterwegs war, hat stets begeistert und berührt. Liska war Trägerin des Goldenen Verdienstzei-chens der Republik Österreich und besuchte einige Male die MS Seitenstetten, ehe sie 2024 im 95. Lebens-jahr verstarb.
Doch ihre Geschichte lebt weiter. Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung entstand eine DVD mit dem Titel „Erziehungsproblem eines Diktators.“ Mit diesem Film ist es der Referentin des Ver-eins Lila Winkel Esther Dürnberger möglich, die Geschichte von Hermine Liska authentisch nachzuerzäh-len. Die 14jährigen Schüler:innen bekamen einen Einblick in eine Zeit, in der für Andersdenkende kein Platz war und die Religionsfreiheit eingegrenzt wurde. Menschenwürde war ein Fremdwort und Ausgren-zung an der Tagesordnung. Hermine verweigerte mit 11 Jahren den deutschen Gruß, das Singen patrioti-scher Lieder und den Fahnengruß. Sie gehörte wie ihre Eltern den Bibelforschern an (wie Zeugen Jehovas damals genannt wurden) und konnte aus biblischer Überzeugung Hitler nicht als Führer anerkennen. Daran änderte auch die Unterbringung in ein Umerziehungsheim nichts.
Besonders angetan war die Klasse von der Standhaftigkeit der jungen Hermine. Man wollte sie zwingen, die Hand zu heben, die Jacke der Hitlerjugend anzuziehen und verweigerte ihr trotz guter Schulnoten den Besuch der Hauptschule. Sie erhielt die schlechteste Betragungsnote, durfte beim Völkerball nicht mitspie-len und bekam am Sonntag keine Nachspeise, den beliebten Pudding. Auch jahrelanger Spott und Ausgren-zung änderte nichts an ihrer Überzeugung. Nie dachte sie an Rache und bewahrte sich bis heute ihre posi-tive Einstellung. Ihre Ausstrahlung und ihr gewinnendes Lächeln überzeugten sogar von der Leinwand.
Die Geschichte der 11jährigen Hermine ging zu Herzen. Die Schüler:innen hatten auch die Möglichkeit, sich in das Buch der Erinnerung einzutragen.
Zwei Schüler:innen waren auch für ein kurzes Interview bereit und beschrieben ihre Eindrücke so:
Johannes Aigner: „Der Vortrag war informativ und beeindruckend. Wir haben den Stoff zwar im Unter-richt behandelt, es ist aber etwas ganz anderes, über diese Zeit von jemandem zu erfahren, der sie erlebt hat. Echt bewundernswert, wie sich die 11jährige Hermine gegen das Regime gestemmt hat und bereit war, mit den Folgen zu leben.“
Katharina Aigner: „Hermine war echt stark. Sie hat schon als Kind ihre Meinung vertreten und blieb standhaft. Für mich ist sie ein großes Vorbild, denn sie ist auch unter Druck ihrem Gewissen gefolgt.“
Das Zeitzeugenprojekt endete mit dem Satz: „Wenn alle Menschen, wie Hermine Liska, nach der Golde-nen Regel Behandelt andere immer so, wie ihr von ihnen behandelt werden möchtet (Zitat aus der Bergper-digt Jesu im Matthäusevangelium, Anm.) leben würden, wäre die Welt eine andere.“